Fluchtursachen beheben – durch eine gerechte internationale Wirtschafts- und Friedenspolitik
Von Olaf Schröter
Nie zuvor waren so viele unserer Mitmenschen auf der Flucht wie heute.
Das Flüchtlingshilfswerk der UN (UNHCR, United Nations High Commmissioner for Refugees) spricht 2018 von weltweit 68,5 Millionen Menschen, die gewaltsam vertrieben worden sind. Hinzu kommen jene, die aufgrund von Umweltzerstörung, Armut oder Naturkatastrophen migrieren.
Die Gründe hierfür sind vielfältig und oft miteinander verknüpft. Ein Krieg, der Familien in die Flucht treibt, kann das Resultat eines Konfliktes um Rohstoffe sein. Müssen Menschen vor einer Dürre fliehen, kann dies die Folge des Klimawandels sein.
Der internationale Handel wurde in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr liberalisiert, Handelshemmnissen wie Zöllen abgebaut. Gleichzeitig wurden Dienstleistungen und die Warenproduktion immer weiter globalisiert. Zahlreiche Unternehmen mit Stammsitz in einem Industrieland haben ihre Arbeitsplätze in Niedriglohnländer verlagert. Fabriken und Produktionsstätten wurden vor allem dort errichtet, wo die Unternehmen von Steuern befreit und Hürden wie Arbeits- und Umweltschutz niedrig sind. Anders ausgedrückt: wo Menschen noch einfacher ausgebeutet und noch größere Profite erzielt werden können. Die Beteuerung, dass die Armen auch etwas davon haben, hat sich als Trugschluss erwiesen. Weltweit führen 1,2 Milliarden Menschen einen Überlebenskampf. Sie leben von weniger als einem Euro am Tag. Millionen von ihnen leiden Hunger (5).
Im Zuge der Globalisierung haben die Industrieländer und einige Schwellenländer ihre politische und wirtschaftliche Dominanz ausgebaut. Sie haben in den letzten Jahren gegenüber vielen schwächeren Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika Handelsabkommen durchgesetzt, mit denen sie sich den Zugang zu wichtigen Rohstoffen sichern. Die Gewinne aus dem Abbau und dem Handel mit Rohstoffen gehen dabei an internationale Konzerne und lokale Eliten. So ist die Situation entstanden, dass Länder wie Sierra Leone oder Mali, die über große Rohstoffvorkommen verfügen, auch zu den ärmsten Ländern der Welt gehören. Zudem dienen arme Entwicklungsländer gleichzeitig als Absatzmärkte für Produkte aus den Industrieländern (6) (7).
Die Europäische Union überflutet mit subventionierten Agrarprodukten die Märkte in Afrika. In manchen Ländern ist dort das Gemüse oder Geflügel, das aus Europa kommt, billiger als das aus heimischer Produktion. Bäuerinnen und Bauern zum Beispiel in Kenia und Ghana, die diesem europäischen Agrardumping nichts entgegenzusetzen haben, müssen aufgeben. Ihnen bleibt dann meist nichts anderes übrig, als abzuwandern (6) (7).
Krieg und Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung, Armut und Perspektivlosigkeit, Umweltzerstörung und Klimawandel oder Rohstoffhandel – diese Fluchtursachen stehen oft eng miteinander in Verbindung. Ein kleiner Teil der Ursachen für Flucht und Migration ist unbeeinflussbar. Der größere ist menschengemacht. Um letzteren müssen wir uns kümmern.
Eine andere internationale Wirtschafts-, Entwicklungs- und Friedenspolitik ist möglich – und nötig
Die ungerechten Wirtschaftsbeziehungen, Umweltzerstörung, die Plünderung von Rohstoffen, Kriege oder die Zerstörung lokaler Märkte werden von den Weltpolitikern nicht ursächlich behoben. Sie blenden die Rolle der Industrieländer dabei aus und fahren Strategien, die an den eigentlichen Ursachen nichts ändern: die lediglich finanzielle Aufstockung der Entwicklungshilfe, die Bekämpfung von Schleuserbanden und die Einrichtung von Auffanglagern möglichst weit vor den europäischen Außengrenzen.
Diese Vorgehensweisen zielen offenkundig nicht auf die Behebung von Fluchtursachen ab, sondern nur auf das Ausbremsen der Fluchtbewegungen Richtung Europa. Dabei nehmen die Menschen, die sich auf den Weg machen, nur einen anderen Aspekt der Globalisierung für sich in Anspruch, der für uns längst selbstverständlich ist: die Freizügigkeit (6).
Wie können wir die Fluchtursachen beheben?
Das Universum ist das gemeinsame Eigentum aller. Die Betonung liegt hierbei auf „gemeinsam“. Niemandem gehört diese Schöpfung allein, sondern allen zusammen. Dies ist ein proutistisches* Grundverständnis. Demnach haben alle ein Anrecht auf die Nutzung unseres Planeten. Wir alle sind Weltbürger*innen von Geburt an.
Jeder Mensch sollte sich daher überall friedlich ansiedeln dürfen und ein Leben in Frieden und Würde führen können. Auf diese Freizügigkeit hat jeder Mensch ein Recht.
Unabhängig davon setzen wir uns dafür ein, dass niemand zum Flüchtling werden muss und das den betroffenen eine Rückkehr in ihre Herkunftsländer möglich ist. Das kann eine gerechtere internationale Wirtschafts-, Entwicklungs- und wirkliche Friedenspolitik leisten. Dafür arbeiten wir.
Im Rahmen der Wirtschafts- und Entwicklungspolitik wollen wir deshalb:
- ein Wirtschaftssystem, das auf das Gemeinwohl und nicht auf Profitmaximierung ausgerichtet ist
- die Einhaltung der „Nachhaltigen (ehem. Millennium) Entwicklungsziele“ der Vereinten Nationen
- wahre Entwicklungszusammenarbeit betreiben, die die wirtschaftliche Selbstständigkeit aller Länder fördert
- Entwicklungszusammenarbeit zur Schaffung von Industrien und Arbeitsplätzen in den Entwicklungsländern
- die Beendigung der illegitimen oder illegalen Aneignung von Land (Land Grabbing) oder anderen Rohstoffen durch ausländische Personen, Organisationen oder Staaten
- ein Verbot spekulativer Finanzgeschäfte mit Grundnahrungsmitteln.
Eine entsprechende Friedenspolitik sollte mindestens die folgenden Punkte umfassen:
- eine Friedenspolitik der Verständigung und Kooperation zu betreiben anstatt militärische Konfrontationen zu schüren
- die Friedensforschung und –sicherung und konstruktive Konfliktbewältigung fördern
- internationale Beziehungen stärken, die den Zusammenhalt der Menschheit unterstützen
- die Einhaltung der Menschenrechtserklärung und des Verbots des Angriffskriegs der UNO fordern
- die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) stärken.
Lasst uns die Erde gemeinsam zu einem Ort machen, an dem wir alle in Frieden und Wohlstand leben können.
* PROUT (Progressive Utilization Theory) ist ein ganzheitliches Gesellschaftskonzept.
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Quellen
(1) https://refugeesmigrants.un.org/definitions; Abgerufen am 22.12.2018
(2) https://refugeesmigrants.un.org/sites/default/files/180713_agreed_outcome_global_compact_for_migration.pdf; Abgerufen am 22.12.2018
(3) http://www.unhcr.org/gcr/GCR_English.pdf; Abgerufen am 22.12.2018
(4) https://www.unhcr.org/figures-at-a-glance.html; Abgerufen am 22.12.2018
(5) http://de.wfp.org/welthungerkarte; Abgerufen am 23.12.2018
(6) Fluchtursachen – Warum Menschen fliehen. https://www.medico.de/warum-menschen-fliehen-16487/; Abgerufen am 23.12.2018
(7) https://www.deutschlandfunk.de/agrarexporte-in-schwache-maerkte-ungleiche.724.de.html?dram:article_id=327412; Abgerufen am 23.12.2018