Redaktion | Oktober 5, 2021
Wie ich durch kämpferische Spiritualität inneren Frieden erlange.
Originaltext von Dharmendra Laur. Aus dem Englischen übersetzt von Valentin Vinaya Kunz.
Meiner Erfahrung nach ist spiritueller Fortschritt etwas, das man sich hart erkämpfen muss. Bei der Meditation geht es nicht um Entspannung, sondern um Konzentration.
Ähnlich wie ein anstrengendes, körperliches Training im Anschluss zu Entspannung führt, kann intensive Meditation zu einem entspannten Geist führen.
Die ersehnten Zustände unbeschreiblicher Glückseligkeit, Samadhis genannt, entstehen nicht einfach so. Sie sind das Ergebnis einer enormen Anstrengung. Man fällt nicht einfach in Samadhi. Man erreicht sie nicht aus dem Nichts. Man muss sie sich erkämpfen.
Ähnliches berichten spirituelle Menschen wie Byron Katie oder Eckhart Tolle über ihre Wege in einen höheren Zustand.
Folgendes hat Eckhart Tolle über die Zeit unmittelbar vor seinem Erwachen gesagt:
“Ich konnte nicht mehr mit mir selbst leben. Und das führte mich zu einer Frage, auf die es keine Antwort gab: Wer ist das Ich, das nicht mit dem Selbst leben kann? Was ist das Selbst?
Ich fühlte mich in eine Leere hineingezogen! Damals wusste ich noch nicht, dass das verstandesmäßige Selbst mit seiner Schwere und seinen Problemen, das zwischen der unbefriedigenden Vergangenheit und der ängstlichen Zukunft lebt, zusammengebrochen war. […]” /1/
Die Geschichte von Byron Katie klingt nicht viel anders:
“Im Jahr 1986, als sie 43 Jahre alt war, drei Kinder hatte und unglücklich mit ihrem zweiten Ehemann verheiratet war, litt sie Berichten zufolge unter Depressionen, Agoraphobie, übermäßigem Essen und einer Abhängigkeit von Codein und Alkohol. […]” /2/
Auch bei Buddha war es ähnlich. Sein Wunsch, sein Verlangen nach Selbstverwirklichung war so groß, dass er das Leiden einfach nicht mehr ertragen konnte. So fasste er den berühmten Entschluss, so lange zu sitzen, bis sich entweder die höchste Wahrheit zeigen oder bis sein Körper zugrunde gehen würde – was auch immer zuerst geschehen mag.
Sie alle mussten für ihre spirituellen Erkenntnisse hart kämpfen. Sie bewegten sich – wissentlich oder unwissentlich – mit maximaler Geschwindigkeit auf ihr geliebtes Ziel zu. Sie haben nicht einfach nur ihren Atem beobachtet. Sie kämpften.
Ihr brennendes Verlangen nach Befreiung ließ sie unaufhörlich diesem Ziel nachjagen. Schließlich brachte sie ihr Kampf immer näher an ihr inneres Selbst heran, was ihnen ihre Fesseln bewusst machte und ihnen half, sie zu überwinden.
Das ist es auch, was ich fühle. Während der Meditation, wenn sich meine Konzentration immer weiter intensiviert, werden die Kräfte, die mir den Weg versperren, ebenfalls immer stärker. Schlechte Gefühle wie Angst oder Scham wollen mich zurückziehen, während angenehme Bilder versuchen, mich von meinem Meditationsobjekt wegzulocken.
Oft hat man mir den Rat gegeben, mich einfach hinzugeben, und das ist ein guter Rat.
Aber ihn wirklich zu befolgen, sich hinzugeben, hat nichts mit Passivität oder Entspannung zu tun. Sobald ich darauf hereinfalle, ist meine ganze Konzentration weg, und ich finde mich in einer Vielzahl von Gedanken und Gefühlen gefangen, die meinen Geist vernebeln.
Sich in der Meditation hinzugeben bedeutet, die ganze Anstrengung, die ganze Energie, die man aufbringen kann, einzusetzen. Man muss sie auf einen einzigen Punkt lenken, ohne wirklich zu wissen, was die Belohnung sein wird. Das ist die Essenz der Hingabe.
Sie ist nur möglich, wenn man grenzenlose Liebe und unerschütterliches Vertrauen in sein Ziel hat.
Obwohl ich also jeden Tag aggressiv kämpfe, ist von mir wenig Feindseligkeit zu erwarten. Das Kämpfen in meiner Meditation löscht meinen Durst und lässt mein Herz in überschwänglicher Freude pochen.
Wenn überhaupt, dann werde ich viel ruhiger, gelassener und freundlicher. So wie ein intensiv trainierter Muskel, die Ruhe der Entspannung genießt, zieht ein Geist, der gerade aggressiv das Bewusstsein gejagt hat, die Gelassenheit der Aufregung vor.
Aggressive Spiritualität hat mich friedlicher gemacht, als ich es je zuvor in meinem Leben gewesen bin. Ich möchte sie nicht missen und werde sie auch nicht gehen lassen.
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/1/: https://www.theage.com.au/world/why-now-is-bliss-20030929-gdwfir.html
/2/: https://deandelray.libsyn.com/588byron-katie-creator-of-the-work
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